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Montag, 12. Mai 2014

Damals..die Quälerei in der Ausbildung

Was macht man, wenn man 16 ist und keinen genauen Plan hat, was man lernen möchte? Man orientiert sich an der besten Freundin und besucht die selbe berufsbildende Schule. Eigentlich keine schlechte Idee, vor allem wenn man eine kaputtes Selbstbild hat, nicht weiss wer man ist. Meinen eigenen Weg zu finden war nicht mein Ding. Also habe ich meinen Realschulabschluss medizinisch/technisch gemacht und ziemlich schnell gemerkt, dass die Krankenpflege nix für mich ist und bewarb mich zur Ausbildung als Zahnarzthelferin.
Mein Chef war damals schon etwa 50 Jahre alt, hatte eine interessante Ausstrahlung und war, wie ich recht schnell bemerken musste, ein absoluter Choleriker. Unsere Praxis war recht groß, also der Chef und 6 Helferinnen, von denen 4 auf unseren Chef standen. Dementsprechend war "Stutenbissigkeit" und das denunzieren der anderen an der Tagesordnung. Summa summarum ein ganz "tolles" Arbeitsklima.
Ich hätte da irgendwie mit umgehen können, wenn ich mehr Selbstwertgefühl gehabt hätte und nicht schon schwer traumatisiert gewesen wäre. Von meiner komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung und der Borderlinestörung wusste ich nichts. Mein Zustand war für mich normal, denn ich kannte mich ja nicht anders.
Während der Ausbildung lästerten die Kolleginnen über mich und meine Art, der Chef brüllte mich immer wieder vor den Patienten an, warf mit Behandlungsutensilien nach mir und  unterstellte mir Unfähigkeit, weil ich ständig Angst hatte, unter Hochspannung litt und mich deshalb kaum konzentrieren konnte. Ich quälte mich durch die 3 Jahre, fing an zu kiffen, trank jedes Wochenende bis nichts mehr ging, um Montags wieder panisch auf der Arbeit zu erscheinen.
Irgendwann ging ich dazu über öfters krank zu machen, der Akku war leer und ich suizidal. Im Dezember 1999 (im letzten Ausbildungsjahr) lernte ich meinen späteren Mann kennen, zog schnell zu ihm, war mir sicherer mit ihm eine Familie gründen zu wollen. Nach drei Monaten Beziehung war ich schwanger und freute mich auf unser Kind, kiffte nicht mehr und trank auch keinen Alkohol mehr. So gesehen hat mir diese Schwangerschaft und meine Beziehung sicher das Leben gerettet. Aber wie das so ist, wenn man den Kiff und Alkohol weglässt, melden sich Panik, Anspannung, Schlaf- und Essstörung wieder. Und das mit einem "Würmchen" im Bauch. Ich meldete mich ganz oft krank, weil ich kaum noch Schlaf fand und durch die Schwangerschaft zusätzlich mit Übelkeit, Wasser im Körper, Sodbrennen zu kämpfen hatte.
Oft habe ich mich gefragt, ob es nicht besser wäre zu sterben, und das einzige was mich am Leben hielt, war meine Tochter die sich in der "Pension Mama Bauch" ziemlich wohl fühlte und sich heftig bemerkbar machte.
Die Theoretische Abschlussprüfung legte ich im Frühling recht gut ab und dann passierte auf der Arbeit der Supergau! Mein Chef schrie mich vor einer Behandlung an, das ihn dass ankotzt, dass ich erst Handschuhe und Mundschutz anziehen würde. "Leck mich..!" dachte ich, DU bist ja nicht schwanger. Wir hatten einige HepatitisC Patienten, ich ich gerne mochte, und bei deren Behandlung ich eben auch assistierte. Aber dann MIT Handschuhen und Mundschutz!! Mein Chef glückte mich sauer an, rollte auf seinem Stuhl zu mir rüber, kniff mir voll fest in meinen Arm und boxte auf meine Hand...
Ich war Sekunden lang wie gelähmt, Tränen machten sich breit. Ich stand einfach auf..zog Handschuhe etc aus..verließ das Behandlungszimmer..zog mich um und ging einfach aus der Praxis. Keine Ahnung, wo und wie ich die nächsten Stunden verbracht habe. Irgendwie war ich abends zu Hause und mein Mann fand mich schaukelnd und wippend im Bett liegen. Ich konnte nicht reden und mein Mann fuhr mich erstmal in die Frauenklinik. Mit dem Baby war alles in Ordnung und ich kam dort nach und nach wieder zu mir.
Das war der "Point oft no return"! Ich ging nie wieder auf die Arbeit, mein Chef kündigte mir, was nicht rechtens war, weil ich eine Krankmeldung abgab. Er nervte mit einem Aufhebungsvertrag und ich unterschrieb ihn irgendwann. Die Arbeitslosengeld Sperre kam und ich wusste nicht, ob ich ohne Anbindung an eine Praxis den letzten, praktischen Teil meiner Abschlussprüfung machen konnte. Dafür wurde die Anspannung weniger, die Panik ließ nach und ich fing an mich zu erholen und mich ganz intensiv mit der Schwangerschaft und dem Baby in meinem Bauch zu beschäftigen. Herrlich <3
Die KZV liess mich zur praktischen Abschlussprüfung zu und ich bestand sie mit kugelrundem Babybauch! Meine Tochter kam mit 2 Wochen Verspätung auf die Welt, nachdem es zwischenzeitlich Komplikationen gab und ich Wehenhemmer bekam. Ich habe meine Ausbildung bestanden, meine Tochter war wohlauf und gab mir Mut.
Dennoch hat mich diese Ausbildungszeit geprägt und ich wünschte mir im Nachhinein, ich hätte sie abgebrochen als es Zeit war. Meine Altvorderen haben mir leider immer eingebläut, dass ich Situationen auszuhalten und durchzustehen habe, aber das ist ein anderes schlimmes Thema, über das ich noch nicht wirklich schreiben/ reden kann.
Aber so ging es mir mit dem Kapitel Ausbildungszeit auch, bis heute!
>>Wenn sich etwas wie Zukunft anbahnt, kann ich Vergangenes verarbeiten<<